logo_welle_trans_143
NZFam - Neue Zeitschrift für Familienrecht

AKTUELL 8/2024


Steuerrecht


Kein Werbungskostenabzug für Prozesskosten zur Erlangung nachehelichen Unterhalts


Prozesskosten zur Erlangung eines (höheren) nachehelichen Unterhalts sind bei der Einkommensbesteuerung nicht als Werbungskosten abziehbar, auch wenn der Unterhaltsempfänger die Unterhaltszahlungen im Rahmen des sog. Realsplittings versteuern muss. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom18.10.2023 (X R 7/20) entschieden.

Die Ehe der Klägerin wurde im Jahre 2014 geschieden und ihr früherer Ehemann (B) verpflichtet, ab Rechtskraft der Scheidung nachehelichen Unterhalt in Höhe von 582,50 EUR monatlich zu zahlen. Das von der Klägerin angestrengte Gerichtsverfahren endete vor dem Oberlandesgericht mit einem Vergleich, in welchem sich B zur Zahlung eines höheren nachehelichen Unterhalts von monatlich 900 EUR bereit erklärte. Die Verfahrenskosten wurden gegeneinander aufgehoben. Die Klägerin entrichtete Gerichts- und Anwaltskosten im Jahre 2015.

Das Finanzamt erfasste bei der Klägerin die erhaltenen Unterhaltsleistungen als steuerpflichtige sonstige Einkünfte; die von ihr getragenen Anwalts- und Gerichtskosten ließ es nicht zum Abzug zu. Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen gerichteten Klage mit der Begründung statt, dass die Klägerin ohne diese Aufwendungen später keine Unterhaltseinkünfte hätte erzielen können. Daher stellten sie einkommensteuerrechtlich vorweggenommene Werbungskosten dar.

Dem ist der BFH entgegengetreten. Unterhaltszahlungen seien dem Privatbereich zuzuordnen, entsprechend auch die zu ihrer Erlangung aufgewendeten Prozesskosten. Steuerrechtlich würden die Unterhaltszahlungen nur und erst dann relevant, wenn der Geber mit Zustimmung des Empfängers einen Antrag auf Sonderausgabenabzug stelle (sog. Realsplitting). Der Antrag überführe die privaten Unterhaltszahlungen rechtsgestaltend in den steuerrechtlich relevanten Bereich. Die Umqualifizierung zu Sonderausgaben beim Geber und –korrespondierend– steuerbaren Einkünften beim Empfänger markiere die zeitliche Grenze für das Vorliegen abzugsfähiger Erwerbsaufwendungen. Zuvor verursachte Aufwendungen des Unterhaltsempfängers – im Streitfall in Form von Prozesskosten zur Erlangung von Unterhalt –  könnten keine Werbungskosten darstellen.

Der BFH hat dennoch über die Klage nicht abschließend entschieden, sondern die Sache an die Vorinstanz zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Denn das FG habe keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob die streitbetroffenen Prozesskosten gegebenenfalls als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden könnten. 


Nachrichten


DAV Stellungnahme zu den familienrechtlichen Eckpunkten


Der Deutsche Anwaltsverein (DAV) hat nunmehr zu den aktuellen familienrechtlichen Eckpunkten des BMJ Stellung bezogen.

Aus Sicht des DAV besteht für ein Institut einer Verantwortungsgemeinschaft in der Ausformung, wie es in den Eckpunkten beschrieben ist, kein Bedarf. Die Verantwortungsgemeinschaft sehe mit den vorgesehenen Modulen kaum „Verantwortung“ der Beteiligten untereinander vor. Damit einher gehe das Risiko, dass die Beteiligten sich in einer trügerischen Sicherheit des „Versorgtseins“ wähnen, insbesondere wenn sich Partner „diesseits von Liebesbeziehungen“, also nichteheliche Lebensgemeinschaften, der Verantwortungsgemeinschaft zuwenden wollten. Die wesentlichen Konsequenzen der Verantwortungsgemeinschaft ließen sich zudem – bezogen auf die Module 1 bis 3 – bereits auf Basis der aktuellen Rechtslage herbeiführen. Für die Aufnahme in den Regelungskomplex von Modul 4 finde sich keine Erklärung, und von dessen Wahl werde in der Praxis zur Vermeidung von Rechtsnachteilen für die Betroffenen abzuraten sein. Das vorgesehene Formerfordernis der notariellen Beurkundung schließlich trage zwar dem Aufklärungsbedarf Rechnung; stellt allerdings eine weitere Hürde dar, die die praktische Relevanz des Instituts in Frage stellt.

In Bezug auf das Kindschaftsrecht begrüßt der DAV die Reformbestrebungen des Gesetzgebers. Allerdings blieben die in den Eckpunkten formulierten Änderungen weit hinter dem Bedarf an Reformen zurück. Weder habe die automatische Etablierung der gemeinsamen elterlichen Sorge bei Anerkennung oder gerichtlicher Feststellung der Vaterschaft Eingang in die Überlegungen gefunden, noch werde die Hierarchie zwischen elterlicher Sorge und Kontakten zwischen Eltern und Kind (Umgang) durch die Einbeziehung derselben in die elterliche Sorge behoben. Auch verfahrensrechtlich erforderliche Änderungen würden sich nicht im gebotenen Maß finden, wenn die unterschiedliche Handhabung der Verfahrensgegenstände elterliche Sorge und Umgang nicht adressiert werden, die sich insbesondere in Eilverfahren auswirken, und auch die Installation eines Kinderverbundverfahrens nicht in Erwägung gezogen werde, das alle Belange von Kindern in einem Verfahren in den Blick nehme.

Der DAV begrüßt es im Übrigen sehr, dass der Gesetzgeber sich der dringend nötigen Reform des Abstammungsrechts annehme. Dessen Reform sei vorrangig in Angriff zu nehmen, da sich aus den Regelungen über die Abstammung Konsequenzen für die weiteren Reformprojekte ergeben, wenn zB im Kindschaftsrecht die Frage aufgeworfen wird, wem welche Rechte und Pflichten zugeordnet werden sollten. Die in den Eckpunkten vorgesehene Etablierung der Ehefrau der Geburtsmutter als 2. Elternstelle sei aus Sicht des DAV im Zuge der Reform geboten. Die in Aussicht genommenen Elternschaftsvereinbarungen würden allerdings Risiken bergen, die gesetzgeberisch zu bewältigen wären. Ebenso bestünden Bedenken gegen den vorgesehenen Ausschluss einer Anerkennungsmöglichkeit nach Einleitung eines Vaterschaftsfeststellungsverfahrens und die Beseitigung der Elternschaft vor dem Standesamt. Die DAV-Stellungnahmen SN 9/24, SN 10/24 und SN 11/24 können auf der Homepage des DAV unter anwaltverein.de/de/newsroom eingesehen werden.


HKÜ-Verfahren: Deutschland an dritter Stelle


Das Bundesamt für Justiz (BfJ) hat in seiner Pressemitteilung vom 14.3.2024 aktuelle Zahlen zu in Deutschland geführten Verfahren nach dem Haager Kindesentführungsabkommen (HKÜ) vorgelegt. Im Jahr 2023 verzeichnete das BfJ insgesamt 527 neue Vorgänge nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen. Dabei handelt es sich in 437 Fällen (83%) um Verfahren auf Rückführung eines Kindes und in 90 Fällen (17%) um Umgangsverfahren. Deutschland ist nach den USA und dem Vereinigten Königreich der Staat mit den drittmeisten Fällen im Rahmen des Übereinkommens weltweit. Entziehender Elternteil sind ganz überwiegend die Mütter.

Von den 437 Verfahren auf Rückführung eines Kindes betreffen 236 Kindesentziehungen von Deutschland in einen anderen Vertragsstaat sowie 201 Kindesentziehungen von einem anderen Vertragsstaat nach Deutschland. Die zahlenmäßig bedeutendsten Länder sind die Ukraine (43), die Türkei (38) und Polen (35). Bei den ausgehenden Verfahren in einen anderen Vertragsstaat ist die Türkei wichtigster Partnerstaat (29). Bei aus dem Ausland eingehenden Verfahren steht die Ukraine (33) an erster Stelle, gefolgt von Polen (17).

Hinsichtlich der Fallzahlen wird darauf hingewiesen, dass das BfJ als deutsche Zentrale Behörde beratend und unterstützend tätig werden kann, die Einschaltung der Zentralen Behörden jedoch im Rahmen des Übereinkommens nicht zwingend vorgeschrieben ist. Es können daher keine Gesamtzahlen zu grenzüberscheitenden Kindesentziehungen genannt werden. Erfasst werden auch nur Kindesentziehungen zwischen Vertragsstaaten des Übereinkommens, nicht im Verhältnis zu Nicht-Vertragsstaaten. Zudem handelt es sich um ein rein zivilrechtliches Übereinkommen. Nicht umfasst sind daher strafrechtliche Aspekte einer Kindesentziehung, insbesondere im Rahmen des § 235 StGB.


Gesetzesentwurf zu Kinderehen angekündigt


Das Bundesjustizministerium will in Kürze einen Gesetzentwurf vorlegen, um den Vorgaben des BVerfG (NJW 2023, 1494) zum Umgang mit im Ausland geschlossenen Ehen Minderjähriger Rechnung zu tragen. Ziel des Ministeriums sei „eine verfassungsgemäße Neuregelung, die die Ächtung von Minderjährigen-Ehen klar zum Ausdruck bringt“, sagte ein Ministeriumssprecher. Der Entwurf werde vorsehen, dass im Ausland geschlossene Ehen auch künftig in Deutschland unwirksam sind, wenn einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung unter 16 Jahre alt war, fügte der Sprecher des von Justizminister Marco Buschmann (FDP) geleiteten Ministeriums hinzu. Eine entsprechende Unwirksamkeitsregelung sei auch nach dem Beschluss des BVerfG zulässig. Wann das Kabinett darüber entscheiden wird, ist aber noch offen.

Die Karlsruher Richter und Richterinnen hatten das seit 2017 geltende Verbot für im Ausland geschlossene Kinderehen im Februar 2023 grundsätzlich bestätigt. Sie trugen dem Gesetzgeber jedoch auf, bis zum 30.6.2024 Regelungen zu schaffen, um die Folgen des Verbots für die Betroffenen abzumildern. Dabei geht es einerseits darum, Unterhaltsansprüche zu wahren. Außerdem soll es Paaren ermöglicht werden, ihre Ehe auf Wunsch auch nach deutschem Recht wirksam weiterzuführen, sobald beide volljährig sind.

Da Politiker der Union befürchten, dass die Ampel-Regierung aufgrund interner Meinungsverschiedenheiten nicht rechtzeitig eine entsprechende Reform zur Beratung vorlegen wird, wollen sie nun mit einem eigenen Antrag Druck machen. In dem Antrag, über den die Fraktion noch beschließen muss und der am Mittwoch erstmals im Bundestag beraten wird, heißt es, die Bundesregierung müsse unverzüglich einen Gesetzentwurf vorlegen, der sicherstellen, „dass ein Verbot von Kinderehen auch nach dem 30.6.2024 erhalten bleibt“. Zudem müsse die Regierung in Zusammenarbeit mit den Ländern für ausreichende Beratungsmöglichkeiten vor der Bestätigung einer Ehe bei Volljährigkeit sorgen. Es gehe darum, insbesondere junge Frauen über ihre Rechte aufzuklären und vor Zwangslagen zu schützen. Erforderlich seien auch Schutzregelungen, um die informelle Weiterführung einer für unwirksam erklärten Ehe zu verhindern.


Deutlich rückläufige Geburtenrate


Innerhalb der vergangenen beiden Jahre ist die Geburtenrate nach einer Pressemitteilung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) v. 20.3.2024 in Deutschland deutlich zurückgegangen. Sie fiel von 1,57 Kindern pro Frau in 2021 auf rund 1,36 im Herbst 2023. Damit ist das Fertilitätsniveau so niedrig wie seit über zehn Jahren nicht mehr.

Nachdem in Deutschland die Geburtenrate während der ersten Zeit der Coronapandemie stabil geblieben war, sank sie im weiteren Verlauf der Pandemie ab Januar 2022 auf 1,4 und erholte sich im Sommer 2022 wieder auf 1,5 Kinder pro Frau. Im Jahr 2023 fiel die Geburtenrate erneut weiter ab und betrug nach vorläufigen Berechnungen im Durchschnitt der Monate Januar bis November 1,36. Der beobachtete starke Rückgang der Fertilität innerhalb von zwei Jahren ist deshalb ungewöhnlich, da sich Phasen sinkender Geburtenraten in der Vergangenheit eher langsamer vollzogen haben. Die Autoren der Studie führen das rapide Absinken der Geburtenrate auf verschiedene mögliche Ursachen zurück: Sie sehen den abrupten Einbruch im Januar 2022 zunächst als Reaktion auf die beginnende Impfkampagne gegen das Coronavirus neun Monate zuvor. Demnach könnte es sein, dass viele Frauen angesichts der damals für Schwangere nicht zugelassenen Impfstoffe den Kinderwunsch aufgeschoben haben, um sich erst impfen zu lassen. Den verstärkten Geburtenrückgang ab Herbst 2022 führen die Forscher dann auf weitere andere Krisen (zB Ukrainekrieg, Inflation, Klimawandel) zurück, die sich in der Endphase der Pandemie entwickelt haben und die sich negativ auf den Kinderwunsch ausgewirkt haben könnten. 

Dass der starke Rückgang der Fertilität seit 2022 kein rein deutsches Phänomen darstellt, zeige der Blick nach Skandinavien: In Schweden ist die Geburtenrate in den vergangenen beiden Jahren ebenfalls deutlich zurückgegangen. Hier fiel sie von rund 1,67 in 2021 auf nunmehr 1,45 Kindern pro Frau in 2023 ab – und damit auf den niedrigsten Wert seit Beginn der statistischen Erhebung. Obwohl die politischen Rahmenbedingungen in dem skandinavischen Land als besonders familienfreundlich gelten, ist die Geburtenrate hier bereits seit 2011 im Rückgang begriffen. Damals hatten Frauen durchschnittlich knapp zwei Kinder bekommen. Mit der aktuellen Entwicklung hat sich in Schweden der langfristige Rückgang der Fertilität nochmals beschleunigt. Auch in anderen europäischen Ländern mache sich der Geburtenrückgang bemerkbar: Im EU-Durchschnitt lag die Geburtenrate im Jahr 2022 nach Angaben der europäischen Statistikbehörde Eurostat bei 1,46 – und ist damit identisch mit dem deutschen Wert.

 

Anzeigen

Werbebanner-Link zum beck-shop
Werbebannerlink zur Bestellung im beck-shop

BECK Stellenmarkt

Teilen:

Menü